Für einmal hat eine gute Nachricht für Schlagzeilen gesorgt. Die von Sucht Schweiz publizierten Zahlen zum Suchtmittelgenuss der Schweizer Jugendlichen zeigen – ausser bei Cannabis – einen klaren Abwärtstrend. Das nimmt die Politik aber nicht aus der Verantwortung.
(SSF/im.) Eindrücklich ist zum Beispiel die Entwicklung der Zahlen beim Alkoholkonsum in den letzten vier Jahren. 10% der 15-jährigen Jungen und 6% der gleichaltrigen Mädchen in der Schweiz trinken mindestens einmal pro Woche Alkohol. Im 2010 waren es jedoch noch 27% bzw. 13%. Besonders deutlich ist hier der Rückgang um fast zwei Drittel bei den 15-jährigen Buben.
Ein ähnlicher Verlauf zeigt sich bei der selbst wahrgenommenen Betrunkenheit, wenn auch weniger ausgeprägt. 16% der 15-jährigen Buben und 13% der Mädchen gaben an, schon mindestens zwei Mal im Leben richtig betrunken gewesen zu sein. Im 2010 waren es noch 28% bzw. 21%.
Von der rebellierenden Generation Y zur Generation Z
Die Kommentatoren bemühen sich um Erklärungen. Es handle sich eben um die „Generation Z“, die im Gegensatz zur Generation Y weniger den Spass als die Gesundheit pflegen wolle, heisst es da. Wichtig sei der schöne Körper. Denn dasselbe Phänomen zeigt sich auch bei den Drogen – mit einer gewichtigen Ausnahme. Es wird weiterhin gleich viel gekifft. Das Kiffen wird jetzt nur noch mit einer Busse geahndet und nicht weiter strafrechtlich verfolgt. Aber generell lässt sich feststellen, dass die Generation Z weniger den Pfad der Rebellion beschreitet als die frühere Generation. Sie hängt dafür mehr vor dem Smartphone und in sozialen Netzwerken. Das Smartphone ist gerade auch in der Gruppe wichtig. Das wird aber meistens nicht als Suchverhalten gesehen, wenn die Jugendlichen es nicht massiv übertreiben. Zudem ist es für den Körper weniger schädlich – und für die Seele? Im Gegensatz dazu sind die öffentlichen Saufgelage, die noch vor kurzem Schlagzeilen machten, fast aus dem Bewusstsein der Medienproduzenten und -nutzer geschwunden.
Hausaufgaben gemacht?
Hat die Alkohol- und Drogenprävention damit ihre Aufgaben gemacht? Politikerinnen und Politiker interpretieren es unterschiedlich. Wer sich für Prävention einsetzt wie Silvia Schenker (SP) oder Ruth Humbel (CVP) sieht darin einen Erfolg der Prävention. Die neuen politischen Signale verheissen aber nichts Gutes. Darauf weist die Direktorin von Sucht Schweiz, Irene Abderhalden hin. Das Parlament hat kürzlich Einschränkungen wie das Verbot von „Happy Hours“ abgelehnt. „Die Interessen der Wirtschaft erschweren oder verunmöglichen einen erfolgreichen Jugendschutz“, beklagt Abderhalden. Denn auch das vom Ständerat akzeptierte Verbot von Nachverkäufen von Alkohol ist im Nationalrat gefährdet. Und von weiteren Preiserhöhungen für Zigaretten warnt sogar die Gesundheitspolitikerin Ruth Humbel, weil sie angeblich eine Verlagerung des Verkaufs auf den Schwarzmarkt befürchtet.
Eltern als Präventionsfaktor
Nationalrat Toni Bertoluzzi sieht den Grund für die Besserung weniger in der Prävention als in der Ächtung der Gesellschaft. Also keine Verbote. Er klagt dagegen in der Aargauer Zeitung das Bundesamt für Gesundheit an, den Cannabiskonsum zu verharmlosen. Roy Salveter, Co-Leiter der Abteilung Nationale Präventionsprogramme beim BAG, plädiert nämlich für eine Legalisierung von Cannabis. Das Verbot erschwere es, an kiffende Jugendliche heranzukommen.
Eine bemerkenswerte Aussage zu den Präventionsprogrammen macht Ruth Humbel. Die Programme hätten sich auch auf die Eltern sensibilisierend ausgewirkt. Diese seien den Jugendlichen heute bessere Vorbilder. Ein Faktor, der sonst weithin übersehen wird!
Eine wirksame Massnahme zur Reduktion des Tabakkonsums wäre notabene ein Rauchverbot auf den Bahnhöfen. Es würde nicht nur den SBB erhebliche Reinigungskosten sparen, sondern auch die Mehrheit der Bahnbenützer vom schädlichen Passivrauchen bewahren und ihren Reisekomfort verbessern. Doch die SBB-Chefetage lehnt ein solches Verbot aus wenig durchsichtigen Gründen ab.