Das Bedürfnis von Eltern, ihre Kinder zu behüten ist gross. Behüten bedeutet aber auch überwachen. Je mehr die Eltern in der Spannung Familie und Beruf leben, desto stärker auch das Bedürfnis nach Helfern beim Überwachen und der Kontrolle des Nachwuchses. Google und andere Anbieter sind jetzt zur Stelle.
(SSF/im.) Politik und Gesellschaft nehmen die Eltern in Pflicht, wenn es zum Beispiel um den Medienkonsum von Teenagern geht. Weil die Inhalte im Netz nicht kontrolliert werden können bzw. in einer freien Gesellschaft nicht zensuriert werden sollen, wird Eltern geraten, mit ihren Kindern laufend im Gespräch zu sein, was ihren Medienkonsum betrifft. Doch dazu brauchen sie Zeit, einen guten Kontakt auch zu ihren Teenies und ein gutes Stück Medienkompetenz.
Doch die moderne Kommunikationstechnik bietet dazu auch andere Lösungen an. Drastisch wird hier das Beispiel Südkorea angeführt. Das Portal msn.com berichtet, dass die südkoreanischen Behörden neuerdings die Verkäufer von Smartphones verpflichten, die Überwachungssoftware „Smart Sheriff“ in die Handys von minderjährigen Käufern zu installieren. Sie erlaubt es den Eltern, jederzeit die Aktivitäten ihres Sprösslings auf dem Handy mitzuverfolgen. Klar: schon zu wissen, dass die Eltern die Kontrolle haben, wird ihre Wirkung entfalten. Dass die Hausaufgaben zum Beispiel gemacht werden, bevor man auf Youtube geht. Ähnliche Apps sind unter dem Namen „Pocket Nanny“ oder „My Mobile Watchdog“ bekannt.
Kontrolle im Babybettchen
Die Überwachung beginnt aber schon viel früher. So wurde die Schildkröte Mimo entwickelt, die auf das Pijama des Säuglings angebracht und dort Herzfrequenz, Schlafaktivität und Körpertemperatur misst. Und die ausgewerteten Daten auf das Handy der Eltern– und natürlich auf den Datenspeicher des Herstellers sendet.
Google hat laut einem Zeitungsbericht in der Schweiz am Sonntag vom 31. Mai 2015 ein Patent für die Ausstattung von Plüschtieren mit Kameraaugen, Mikrophon und Lautsprecher inkl. Spracherkennungssoftware angemeldet. Die Ausstattung erlaubt es dem Kind, mit dem Plüschtier oder der Puppe zu sprechen. Und natürlich hören die Eltern via Smartphone mit.
Ehemalige Google- und Apple-Mitarbeiter haben das Sprounting-Band entwickelt, das sich wie eine Fussfessel über dem Knöchel des Kindes anbringen lässt. Es erlaubt den Eltern via GPS die jederzeitige Lokalisierung des Sprösslings. Es ist sozusagen ein digitales Laufgitter. Die Liste ähnlicher Angebote lässt sich beliebig erweitern. Immer werden dabei auch von den Herstellern Daten gesammelt, die sich wiederum kommerziell auswerten lassen.
Einfache oder gewagte Prognose?
Man mag über die totale Kontrolle im Kinderzimmer lamentieren, die sogar die Orwell’sche Vision des Überwachungsstaates in den Schatten stellt. Sie ist aber letztlich eine pragmatische Reaktion auf die Medienrevolution mit ihren ungezählten und unkontrollierten Angeboten und der Kapitulation der Behörden, sie massvoll zu kontrollieren. Die immer wiederholte Beteuerung, dass es eben an den Eltern liege, ihren Nachwuchs kompetent zu begleiten, kontrastiert mit der Forderung der Wirtschaft, auch die gut ausgebildeten Mütter für die Erwerbsarbeit zu gewinnen, während es an guten alternativen Betreuungsmöglichkeiten fehlt. Es lässt sich leicht prophezeien, dass trotz Bedenken von Datenschützern und Pädagoginnen die praktischen digitalen Helferlein bald akzeptiert und selbstverständlich werden. Denn sie erleichtern es den Eltern, Familie und Beruf miteinander zu verbinden.