„Das Verhältnis zwischen Schule und Elternhaus ist seit Beginn der Schulpflicht von Konflikten durchdrungen.“ Doch der Bildungserfolg setzt eine gute Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen, Schulbehörden und Eltern voraus. Das ist eine Grundthese der Leiterin des Instituts „Bildung und Gesellschaft“ an der Pädagogischen Hochschule St. Gallen, Prof. Doris Edelmann. Doch diese Kooperation sei noch nicht selbstverständlich.
(SSF/im.) Doris Edelmann war Mitbegründerin und Leiterin des Universitären Zentrums für frühkindliche Bildung an der Universität Fribourg. Zur frühen Förderung von Kindern aus Familien mit Migrationshintergrund führte sie auch die Nationalfondsstudie CANDELA durch.
Spannungen und Unsicherheiten
Das Verhältnis zwischen Schule und Elternhaus ist geprägt von Unsicherheiten und Spannungen, so die Feststellung von Doris Edelmann an einer Fachtagung an der Universität Fribourg am 19. Juni 2015. Das war schon zur Zeit der Einführung der Schulpflicht nicht anders, als Kinder vielerorts noch für die Mitarbeit im Elternhaus eingesetzt wurden und die Schulpflicht diese Mitarbeit in Frage stellte. Eltern wurden damals per Strafandrohung gezwungen, die Kinder zur Schule zu schicken.
Die Entwicklung der Gesellschaft stellt Schule und Eltern immer wieder vor neue Herausforderungen. Was geblieben ist: Bis heute hat die Mitarbeit der Eltern für die Lehrpersonen keine Priorität. Vielleicht weil die Erwartungen der Eltern an die Schule so unterschiedlich sind, je nach familiärem Hintergrund? Doch dieser und die Mitarbeit der Eltern wären eigentlich für den Bildungserfolg der Kinder entscheidend, findet Edelmann, Expertin für Kommunikation, Wirtschafts- und Organisationspsychologie.
Kinder zwischen unterschiedlichen Welten
Heute treten Eltern in der Schule selbstbewusster auf und melden ihren Anspruch nach Mitsprache und Kooperation an. Die Kinder sind oft zwei ganz unterschiedlichen Erziehungsstilen ausgesetzt. Während in der Schule gesetzte Regeln gelten und durchgesetzt werden, herrscht zuhause ein demokratischer Erziehungsstil: die Kinder haben Mitsprache, Regeln werden ausgehandelt. Das führt zu Problemen, wenn die Kommunikation zwischen Schule und Eltern nicht funktioniert.
„Innovative Elternarbeit“
Doris Edelmann spricht von innovativer Elternarbeit und nennt als Qualitätsmerkmal solcher Zusammenarbeit: zum Beispiel eine Willkommens- und Begegnungskultur. Willkommensrituale könnten Kindern den Einstieg in die Schule erleichtern. Oder eine „vielfältige und respektvolle Kommunikation“ könnte die Zusammenarbeit der Schule mit den Eltern durch regelmässige Information und den Einbezug in Entscheidungen prägen. Und sie könnte den Eltern die Unterstützung ihrer Kinder erleichtern. Dazu könnten auch Schlüsselpersonen bestimmt werden, um bildungsferne Eltern besser zu erreichen. Edelmann spricht von einer strukturierten Erziehungs- und Bildungskooperation. Dazu könnten Angebote der Elternbildung kommen. Diese dürften aber nicht den Charakter von Elternbelehrung haben, sondern müssten dazu dienen, die Kooperation zu verbessern.
Doris Edelmann plädiert für eine „Partnerschaft zwischen Schule und Eltern auf Augenhöhe“. Dazu seien auch bestehende Bildungsbarrieren abzubauen und die Perspektive der Kinder einzubeziehen. Noch fehlen aber in den Schulgesetzen Bestimmungen, die eine solche Partnerschaft und Mitbestimmung einfordern.