Wie verhalten sich Frauen in Partnerschaftskonflikten, wie die Männer? An der Uni Zürich präsentierte der Psychologe, Forscher und Paartherapeut Guy Bodenmann dazu eine Meta-Analyse und eigene Forschungsresultate.
In der Populärliteratur wimmelt es von Stereotypen über die Geschlechtsunterschiede von Männern und Frauen. zum Beispiel Männer kommen vom Mars, Frauen von der Venus. Doch die Psychologie stellt aufs Ganze gesehen erstaunlich wenig Unterschiede fest. Darauf wies Guy Bodenmann, Professor für klinische Psychologie im Bereich Kinder und Jugendliche sowie Paare und Familien an der Uni Zürich hin.
Demand and Withdraw
Unterschiede lassen sich dennoch im Verhalten bei Konflikten feststellen. Dies bestätigte ein Meta-Analyse der US-Forscher Jackson und Miller von 2014 mit insgesamt 101.100 Personen und insgesamt 226 Studien. Sie zeigte einen typischen Verlauf, den viele Paare beim Versuch, Konflikte zu bewältigen, erleben. Während Frauen eher die Auseinandersetzung suchen und das Problem offensiv angehen, tendieren Männer dazu, darauf mit innerem Rückzug zu reagieren, obwohl sie emotional betroffen sind. In einer weiteren Phase reagiert die Frau auf den Rückzug des Mannes mit Frustration und zieht sich ebenfalls zurück. Wenn der Mann den Rückzug feststellt, versucht er, dass Gespräch wieder aufzunehmen. Doch dann hat die Partnerschaft oft bereits so viel Schaden genommen, dass sich die Frau nicht mehr darauf einlässt und die Partnerschaft aufgibt. Generell zeigen Frauen bei Auseinandersetzung stärker ein „Demand“-Verhalten, fordern also offensiv zur Auseinandersetzung auf. Ausserdem neigen sie zu mehr Unzufriedenheit als die Männer. Männer dagegen zeigen ein „Withdraw“-Verhalten. Dasselbe Muster spielt sich auch bei lesbischen und schwulen Paaren ab, wo sich eine analoge Rollenverteilung mit ähnlichen Verhaltensmustern zeigt.
Wenn der Stress uns scheidet
Eigentliche Ursache von gescheiterten Partnerschaften ist nach der Analyse von Guy Bodenmann sehr oft Stress in vielen Variationen. Er hat dazu soeben ein Buch mit dem Titel „Bevor der Stress uns scheidet – Resilienz in der Partnerschaft“ herausgegeben. Er hat zum Thema eigene Studien zur Frage durchgeführt, wie Paare mit Stress umgehen. Sie haben seine Beobachtung bestätigt, dass Probleme vor allem dort auftauchen, wo beide Partner unter Stress stehen. Wenn sich ein Partner öffnet, ist es entscheidend, dass der andere richtig darauf reagiert: Mit Zuhören, Zuwendung, Verständnis, Empathie, Solidarisierung und Hilfe zur Umbewertung der stressauslösenden Situation. Während Männer in der Lage sind, richtig zu reagieren, wenn sie selbst nicht unter Stress stehen, reagieren sie negativer als Frauen, wenn sie selbst gestresst sind. Zwar reagieren auch Frauen unter Stress schlechter, als wenn sie nicht gestresst sind, doch sie können auch unter Stress mehr Empathie zeigen.
Starke und Schwache
Laut der Paartherapeutin Kathrin Widmer bestätigen nur ca. 1/3 der Frauen und 1/3 der Männer die ihnen traditionell zugeschriebenen Geschlechtermerkmale. Während Männer längst nicht immer die „Starken“ in der Partnerschaft sind, sind umgekehrt auch die Frauen längst nicht immer die „Schwachen“. Diese Eigenschaften können sich sogar innerhalb einer Partnerschaft situationsbezogen verändern. Auch gibt es unterschiedliche Spielarten, schwach oder stark zu sein, wie Kathrin Widmer betonte. Sie riet den Paaren, sich immer wieder neu die Frage zu stellen: „Was kann ich meinem Partner/meiner Partnerin schenken, das ihm/ihr gut tut?!“
An der Tagung in Zürich sprachen Fachleute aus verschiedenen Disziplinen auch über die Rolle von genetischen Faktoren und hormonellen Wirkungen, über den Umgang von Kindern und Jugendlichen beider Geschlechter mit Technologien, über geschlechtsspezifische Essstörungen sowie die Bedeutung der Geschlechterunterschiede in der schulischen Ausbildung.