Rund 100'000 Kinder in der Schweiz leiden unter Eltern mit Alkoholsucht. Dazu kommt eine unbekannte Anzahl Kinder von Eltern mit einem anderen Suchtproblem. in Bern stellte Sucht Schweiz heute zwei neue Angebote vor, welche eine wichtige Lücke in der Unterstützung suchtbelasteter Familien schliessen.
(SSF/PD/im.) Sucht und Elternschaft kommt einem doppelten Tabu gleich, stellt das Kompetenzzentrum „Sucht Schweiz“ fest. Sich als Vater oder Mutter einzugestehen, mit dem Suchmittelkonsum nicht nur sich selber, sondern auch dem Kind zu schaden, ist besonders schwierig. Viele Eltern versuchen, die Sucht vor ihren Kindern zu verheimlichen. Doch die Sucht prägt den Familienalltag. Die Kinder leiden unter der unberechenbaren Atmosphäre zu Hause, häufig unter Streit oder Gewalt. Sie wollen helfen und sind doch ohnmächtig. Oft fühlen sie sich gar schuldig, dass es dem Vater oder der Mutter nicht gut geht. Rund ein Drittel dieser Kinder leidet später selbst an einer Suchterkrankung und ein weiteres Drittel entwickelt andere psychische Probleme. „Sie sind somit die grösste bekannte Risikogruppe“, erklärt Irene Abderhalden, Direktorin von Sucht Schweiz.
Eine neue Webseite für Eltern und andere Angehörige
Mit zwei neuen Programm sollen jetzt nicht nur die betroffenen Eltern, sondern auch Kinder altersgemäss erreicht werden. Zum einen zeigt www.elternundsucht.ch beiden Elternteilen sowie weiteren Bezugspersonen betroffener Kinder wie Grosseltern oder Paten, was sie für das Kind tun können. Gleichzeitig werden Eltern ermutigt, kantonale Hilfsangebote zu nutzen.
Selbst wenn es der Mutter oder dem Vater nicht gelingt, das Suchtproblem in den Griff zu bekommen, kann viel für die Kinder getan werden, ist die Präventionsstelle überzeugt. Zu den bedeutendsten Schutzfaktoren zählt, dass das Kind die Suchtkrankheit versteht, über das eigene Erleben sprechen kann und sich nicht schuldig und allein gelassen fühlt. Hier knüpft das neue Projekt von Sucht Schweiz an.
Ein Bilderbuch und ein Plüschtier
Ein Bilderbuch mit dem kleinen Hund Boby und seinem alkoholkranken Herrchen richtet sich an Suchtfachleute und Lehrpersonen, damit sie mit Kindern über die Alkoholkrankheit des Vaters oder der Mutter sprechen können. Das Buch wurde neu um vier Hörgeschichten mit Themen aus dem Alltag der Kinder erweitert. Die Geschichten zeigen ihnen, dass sie mit ihren Sorgen nicht alleine sind. Ausserdem hat Sucht Schweiz eine Webseite eingerichtet, die sich direkt an Kinder richtet, deren Mama oder Papa Alkoholiker ist.
Um auf die schwierige Lage der Kinder aus suchtbelasteten Familien aufmerksam zu machen, regt Sucht Schweiz auch die öffentliche Diskussion zu diesem oft tabuisierten Thema an. Die aktuelle, mit einem Spendenaufruf verbundene Aktion am Postschalter sensibilisiert die Bevölkerung und erinnert daran, dass alle eine Verantwortung tragen, damit Suchtprobleme nicht von einer Generation an die nächste weitergegeben werden. So wird der Kundschaft in mittelgrossen Postzentren ab dem 26. Oktober 2015 ein Schlüsselanhänger in Form eines Plüschhundes angeboten. Das Plüschtier Boby informiert mit einem Flyer über das Leben mit einer alkoholabhängigen Person und schildert die Situation betroffener Kinder.
Die Webseite für betroffene Eltern und Bezugspersonen
Webseiten für Kinder