Für Menschen mit finanziellen, psychischen und gesundheitlichen Problemen ist es oft schwierig, eine Wohnung zu finden. Dies stellt jetzt eine Studie des Departements Architektur an der ETH Zürich fest. Der Schlussbericht stellt drei Strategien vor, wie „Armen“ besser geholfen werden kann, eine Wohnung zu finden.
(SSF/im.) Die Bereitschaft, Menschen mit knappem Einkommen oder psychischen Problemen günstigen Wohnraum zu verschaffen, ist in Gemeinden, Städten und Kantonen der Schweiz recht unterschiedlich, stellen die Verfasser der Untersuchung fest, die im Rahmen des Nationalen Programms zur Prävention und Bekämpfung von Armut des Bundes erstellt worden ist.
Im Schlussbericht zur Studie werden drei „Profile“ vorgestellt, wie armen Wohnungssuchenden geholfen werden kann bzw. müsste. Es geht dabei schwergewichtig um „nicht-monetäre“ Angebote, zum Beispiel Beratung und Unterstützung bei der Wohnungssuche. Oder aber um Wohnungsvermittlung und Wohnraumsicherung. Als drittes „Angebotsprofil“ wird die Begleitung und Betreuung in eigenen oder angemieteten Liegenschaften beschrieben.
Im Bereich „Unterstützung und Beratung“ ortet die Studie vermehrt Freiwilligenprojekte, die Betroffenen niederschwellig helfen. Dazu kommen professionelle Dienstleistungen. Sie sind in der Regel kostenlos, setzen aber viel Selbstverantwortung der Wohnungssuchenden voraus. Doch Menschen mit Schulden, Betreibungen oder schlechten Referenzen werden zum Teil von Vermietern konsequent ausgeschlossen. Es gelte daher, Eigentümer zu finden, die auch ihnen eine Türe öffnen. Dies sei bei kleineren Eigentümern oft leichter als bei grossen Immobilienverwaltungen, stellen die Forscher fest. Bei Genossenschaften stellen sie zwei Typen fest: Solche mit einer konservativ-bewahrenden Haltung und „progressiv orientierte Genossenschaften“, die explizit an einer sozial durchmischten Bewohnerschaft interessiert seien.
Im Angebotsprofil 2 „Wohnungsvermittlung und Wohnraumsicherung“ ist die nachhaltige Sicherung von Wohnraum das Ziel. Hier sind ausschliesslich Profis tätig, welche die Wohnkompetenz und die Integration von benachteiligten Menschen fördern. Zu ihnen gehören Menschen mit finanziellen, psychischen, sozialen und gesundheitlichen Problemen oder aber Migranten. Etliche benötigen Wohnbegleitung, andere Vermittlung zu Fachstellen, Hauswart oder Vermieter. Ein Problem sind auch mangelnde Sprachkenntnisse. Oft führt in diesem Bereich erst eine Kombination von „nicht-monetären“ und finanziellen Leistungen zum Erfolg. Wesentlich sind auch die geknüpften Netze und Strategien sowie der Austausch unter allen Beteiligten sowie deren Einbindung. Weiter braucht es zuverlässige und professionelle Ansprechpersonen sowie eine lösungsorientierte Kommunikationskultur, betonten die Verfasser der Studie.
Das Angebotsprofil 3 „Begleitung und Betreuung in eigenen oder angemieteten Liegenschaften“ richtet sich an die anspruchsvollste Klientel, zum Beispiel Menschen mit grossen psychischen Problemen. Das Wohnangebot reicht von Notunterkünften für Obdachlose bis hin zu betreutem Wohnen in Institutionen. Der Aufwand bis zu einer nachhaltigen Stabilität der Bewohnenden ist oft hoch. Sie erfordert eine gute Zusammenarbeit und Vernetzung von Fachleuten aus dem Sozial- und Gesundheitswesen sowie den Behörden. Neben kommunalen Behörden sind hier auch private Vereine aktiv. Die Veränderungen in der Psychiatrie haben zum Beispiel zur Folge, dass Patienten weniger lang stationär behandelt werden. Sie benötigen nebst Wohnraum weiterhin psychologische Unterstützung und schnelle Krisenintervention. Umgekehrt können stationäre Behandlungen vermieden oder verkürzt werden.
Die Autoren betonen, dass die Unterstützung von armutsbetroffenen Menschen gerade im aktuell angespannten Wohnungsmarkt anspruchsvoller geworden sei. Für eine wirksame Arbeit sei einerseits die Initiative von engagierten Fachleuten im Sozialbereich und andererseits die politische Unterstützung in den Gemeinden entscheidend. Die Abhängigkeit der Akteure von den Gemeinden sei oft eine Herausforderung, besonders in Gemeinden, die im Sozialbereich sparen wollen. Aber auch die Kantone hätten einen positiven Einfluss auf die kommunale Sozialpolitik, indem sie den Gemeinden einen Lastenausgleich einrichten.
Die Verfasser des Berichts betonen auch, dass die Situation von Gemeinde zu Gemeinde sehr verschieden sei. Einige befürchteten, dass sie sich mit dem Beratungsangebot für Benachteiligte höhere Sozialhilfekosten zuziehen. Die befragten Experten sprechen sich daher für gemeindeübergreifende regionale Angebote in diesem Bereich aus.
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