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Können gesellschaftliche Wertvorstellungen politisch verordnet werden?


Das EU-Parlament trifft auf zunehmenden Widerstand zentraleuropäischer Staaten gegen eine ideologische Bevormundung durch die Europäische Gemeinschaft. Widerstand gegen die Durchsetzung neuer Gender-Modelle kommt aber auch von Bürgerinitiativen und aus der Naturwissenschaft.

Der un­ga­ri­sche Par­la­ments­prä­si­dent Lasz­lo Köver sagte es kürz­lich dras­tisch: „Wir wol­len nicht, dass Un­garn einen Land wird, in dem fe­mi­ni­sier­te Män­ner die Frau­en nach­ma­chen, und Frau­en ihre Kin­der und Fa­mi­lie als Hin­der­nis­se der Selbst­ver­wirk­li­chung fürch­ten. Wir leh­nen das ab, weil es zu einer Ge­sell­schaft ohne Zu­kunft führt.“ Köver re­agier­te damit auf die Ver­su­che „Gen­der Main­strea­m­ing“ flä­chen­de­ckend in der EU ein­zu­füh­ren. Gen­der Main­strea­m­ing geht im Grund­satz davon aus, dass nicht das bio­lo­gi­sche Ge­schlecht ent­schei­dend ist, son­dern die von der Ge­sell­schaft de­fi­nier­ten und an­er­zo­ge­nen Ge­schlech­ter­rol­len und -Iden­ti­tä­ten. Da­ge­gen aber regt sich Wi­der­stand.

Es scheint in der EU ein West-Ost-Wer­te­kon­flikt in Wer­te­fra­gen zu geben, ins­be­son­de­re wenn es um Gen­der­fra­gen geht. Frans Tim­mer­manns, ers­ter Vi­ze­prä­si­dent der EU-Kom­mis­si­on, drück­te kürz­lich den Wunsch aus, dass alle EU-Mit­glied­staa­ten die Ho­mo-Ehe vor­be­halt­los an­er­ken­nen soll­ten. Dazu soll­te die EU auch sanf­ten Druck aus­üben, wenn es um die An­er­ken­nung der Rech­te der LGBT-Men­schen geht. Der So­zi­al­de­mo­krat Tim­mer­manns be­schreibt es so: „Wir wol­len un­se­re Sicht­wei­se nicht dem­je­ni­gen Eu­ro­pä­ern auf­zwin­gen, die un­se­re Sicht­wei­se nicht tei­len. Aber wir glau­ben in­brüns­tig daran, dass das, was be­reits in ei­ni­gen Na­tio­nen Eu­ro­pas ent­deckt wurde, allen an­de­ren Na­tio­nen nicht vor­ent­hal­ten wer­den darf.“

In­te­grier­ter Me­cha­nis­mus soll Druck ma­chen

Un­ter­stüt­zung er­hält er vom In­nen­aus­schuss des EU Par­la­ments. Die­ses hat eine In­itia­ti­ve für einen „in­te­grier­ten Me­cha­nis­mus für die sys­te­ma­ti­sche, ob­jek­ti­ve und voll­stän­di­ge Über­wa­chung alle Mit­glieds­staa­ten der EU und ihrer Or­ga­ne“ auf den Weg ge­bracht, die Um­set­zung be­ob­ach­ten und durch­set­zen soll. Dazu wurde ein 66-köp­fi­ges Ex­per­ten­gre­mi­um ge­schaf­fen, das län­der­spe­zi­fi­sche Emp­feh­lun­gen für eine „EU Com­p­li­an­ce-Kul­tur im Be­reich Grund­rech­te und Rechts­staat­lich­keit“ er­stellt. Damit solle Grup­pen­druck gegen Staa­ten, die einem kon­ser­va­ti­ven Fa­mi­li­en­bild ver­pflich­tet sind, auf­ge­baut wer­den, stellt dazu das In­sti­tut für De­mo­gra­fie, All­ge­mein­wohl und Fa­mi­lie (iDAF) in Brüs­sel fest.

Doch da­ge­gen for­miert sich jetzt auch in West­eu­ro­pa Wi­der­stand. Die EU-Bür­ger­initia­ti­ve zum Fa­mi­li­en­schutz „Mut­ter, Vater Kin­der“ hat in­zwi­schen in allen EU-Mit­glieds­staa­ten an Boden ge­won­nen. Und sie er­hält Un­ter­stüt­zung durch die ka­tho­li­sche Kir­che. So pran­ger­te kürz­lich Ro­bert Kar­di­nal Sarah Nord­ame­ri­ka, Eu­ro­pa und Aus­tra­li­en an, mit der Gen­der-Ideo­lo­gie einen Neo-Ko­lo­nia­lis­mus zu be­trei­ben. Mit Un­ter­stüt­zung der WHO werde den Län­dern in Afri­ka, Asien und La­tein­ame­ri­ka eine Ideo­lo­gie auf­ge­drängt, wobei auch Druck mit Ent­wick­lungs­hil­fe­gel­dern ge­macht werde. Der Prä­fekt der va­ti­ka­ni­schen Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst und die Sa­kra­ments­ord­nung sprach dar­über an der Ka­tho­li­schen Uni­ver­si­tät in Avila. Kar­di­nal Sarah ver­wies dabei auch auf das Apos­to­li­sche Schrei­ben Amo­ris Lae­ti­tia von Papst Fran­zis­kus, in dem die­ser die Gen­der-Theo­ri­en als eine Ideo­lo­gie be­zeich­net hatte, „die den Un­ter­schied und die na­tür­li­che Auf­ein­an­der-Ver­wie­sen­heit von Mann und Frau leug­net“. Wenn diese Auf­ein­an­der-Ver­wie­sen­heit weg­fal­le, so Kar­di­nal Sarah, sei die Ge­sell­schaft in Ge­fahr. Nach dem „Tod des Va­ters“ und dem „Tod der Mut­ter“ folge schliess­lich der „Tod der Mensch­heit“. Der Kar­di­nal for­der­te schliess­lich alle Chris­ten auf, „gegen eine Ideo­lo­gie wie die Gen­der-Theo­rie“ Wi­der­stand zu leis­ten und dies­be­züg­lich keine Kom­pro­mis­se ein­zu­ge­hen. Dies ver­lei­tet Tim­mer­manns wie­der­um zur Fest­stel­lung, Polen soll­te sich vom Dik­tat der ka­tho­li­schen Kir­che be­frei­en.

So­zi­al­wis­sen­schaft­li­che Deu­tung von Na­tur­wis­sen­schaft

Aber auch von na­tur­wis­sen­schaft­li­cher Seite kommt Ein­spruch gegen die Gen­der-Theo­rie. Sehr deut­lich von Hans Peter Klein, Pro­fes­sor an der Goe­the-Uni­ver­si­tät in Frank­furt für Di­dak­tik der Bio­wis­sen­schaf­ten. Er kri­ti­sier­te kürz­lich in der NZZ die un­re­flek­tier­te Über­nah­me der so­ge­nann­ten Gen­de­ri­sie­rung im deut­schen Raum. Al­lein in Deutsch­land gebe es rund 190 Lehr­stüh­le für die Gen­der­for­schung (an­de­re Quel­len spre­chen von über 200). Längst gehe es ihren In­ha­bern nicht mehr um die Gleich­be­rech­ti­gung von Män­nern und Frau­en, die in der Ge­sell­schaft weit­ge­hend un­be­strit­ten ist, son­dern um die Ak­zep­tanz se­xu­el­ler Viel­falt. „So sol­len etwa Kin­der im Rah­men des so ge­nann­ten doing gen­der ihr Ge­schlecht im Un­ter­richt hin­ter­fra­gen und mög­li­cher­wei­se neue be­stim­men.“ Klein kri­ti­siert auch einen Über­griff auf die bio­lo­gi­schen Wis­sen­schaf­ten durch die Gen­der­ver­tre­ter: Die Vor­stel­lun­gen der fe­mi­nis­tisch ge­präg­ten Gen­der-Stu­dies von der so­zia­len Kon­struk­ti­on des Ge­schlechts be­ru­he kei­nes­falls auf em­pi­ri­schen For­schungs­er­geb­nis­sen, „son­dern auf einer so­zi­al­wis­sen­schaft­li­chen Deu­tung, für die bis anhin jeg­li­che Be­wei­se feh­len. Bei den Gen­der Stu­dies hand­le es sich um „eine Ideo­lo­gie mit quasi theo­lo­gi­schem An­spruch, laut dem diese Vor­stel­lun­gen in alle an­dern Fach­be­rei­che, vor allem auch in die Leh­rer­aus­bil­dung, zu über­neh­men und dort als Mo­du­le zu un­ter­rich­ten seien.“

Kri­tik an den Aus­wüch­sen

Die Top-Down-Stra­te­gie des Gen­de­ris­mus kri­ti­siert auch die deut­sche Pu­bli­zis­tin Bir­git Kelle. Aus­ge­hend von der Welt-Frau­en­kon­fe­renz der Uno 1995 in Pe­king werde die Gen­der­stra­te­gie durch die Uno-Gre­mi­en sowie die EU im Namen der Frau­en­po­li­tik den Län­dern auf­ge­drängt, ohne dass je ein na­tio­na­les Par­la­ment dar­über dis­ku­tiert habe. Dass der Gen­de­ris­mus spe­zi­ell auch in die Schu­len drän­ge und die Kin­der in­dok­tri­nie­re, sieht Kelle als ty­pi­sches Kenn­zei­chen einer Ideo­lo­gie. Zu wel­chen ab­sur­den Er­geb­nis­sen sie führe, do­ku­men­tier­te die Pu­bli­zis­tin kürz­lich an einem von der Schwei­ze­ri­schen Stif­tung für die Fa­mi­lie or­ga­ni­sier­ten Vor­trag in Zü­rich. Weil die heute üb­li­che Gender­neu­tra­li­tät bei der Spra­che den neuen Er­kennt­nis­sen – man un­ter­schei­det mehr als 60 ver­schie­de­ne ge­schlecht­li­che Aus­rich­tun­gen – nicht mehr ge­nügt, wer­den Stu­die­ren­de an der Ber­li­ner Hum­bold-Uni­ver­si­tät zu Stu­dirx und Dok­tor/innen zu Dok­torx. Selbst der Tür­öff­ner darf nicht männ­lich blei­ben und wir zum „Tür­öff­na“. Kelle weist dabei auch auf einen wenig be­ach­te­ten Pa­ra­dig­men­wech­sel hin, der die Ge­sell­schaft daran ge­wöh­nen soll, nicht mehr das Ge­schlecht eines Men­schen, son­dern seine ge­schlecht­li­che Aus­rich­tung wahr­zu­neh­men.


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