Viele Frauen möchten weiterhin arbeiten, wenn sie Mütter werden. Andere müssen es aus finanziellen Gründen. Der Staat fördert daher ein flächendeckendes Betreuungssystem. Doch dieses hat auch Nachteile. Vor allem ist es viel zuwenig flexibel.
Wie es auch funktionieren könnte, zeigen vier Mütter in Zürich. Dort eröffnet heute, am 1. Oktober der erste Coworking-Space der Deutschschweiz mit einer integrierten Kinderkrippe. Der aus Elternsicht grösste Vorteil: Betreuungstage sind dort ebenso flexibel buchbar wie Arbeitsplätze. Sie gehen davon aus, dass ihr Beispiel bald Schule machen wird.
Das Tadah-Coworking in Zürich Albisrieden ist mehr als ein weiterer Ort, wo Freelancer, Startups oder auch grössere Firmen flexibel Arbeitsplätze, Büros und Konferenzräume buchen können: Tadah, wie sich das Unternehmen nennt, wird laut einem Bericht in der NZZ vom 10. September der erste Coworking-Space der Deutschschweiz mit integrierter Kinderbetreuung sein. Wer dort zum Arbeiten eincheckt, kann sein Kind mitnehmen und im gleichen Haus betreuen lassen. Und die Eltern können entspannt arbeiten, weil sie bei Bedarf immer in der Nähe ist.
Zwar eignet sich ein Coworking Space mit integrierter Kinderbetreuung nur für einen relativ kleinen Teil der Eltern. Doch für diese bringt er viele Vorteile. Die NZZ zählt sie auf: Eine Freelancerin kann zum Beispiel bereits während ihres Mutterschaftsurlaubs ein paar Stunden pro Woche konzentriert ihre Pendenzen abarbeiten. Oder einer Angestellten, die nach der offiziellen Rückkehr ins Berufsleben weiter stillen möchte, kann vom Arbeitgeber vorübergehend ein Arbeitsplatz in unmittelbarer Nähe ihres Kindes zur Verfügung gestellt werden. Geeignet wäre das Modell auch für den Unternehmer, der an seinen «Papi-Tagen» hin und wieder an einer Telefonkonferenz oder an einem Meeting teilnehmen muss.
Der wohl grösste Trumpf des neuen Angebots ist die Flexibilität. Bei Tadah können Mütter oder Väter Halb- oder Ganztage mit einem Vorlauf von mindestens 48 Stunden flexibel buchen oder ein Abo für einen regelmässigen Tag in der Woche (oder mehrere) lösen. Wer ganz kurzfristig weg muss und sein Kind abgeben will, kann zuvor telefonisch anfragen, ob es noch Platz hat.
Ein Vorteil für weitere Initiativen ist, dass diese Art von Kita nicht bewilligungspflichtig ist, weil die Kinder offiziell unter der Obhut ihrer Eltern sind. Denn Vater oder Mutter arbeiten ja ganz in der Nähe und sind grundsätzlich jederzeit erreichbar. Das Modell kann somit auch einige der berüchtigt hohen behördlichen Hürden umgehen. Das bedeutet aber nicht, dass die Kita nicht professionell geführt wird.
Der Coworking-Space in Zürich Albisrieden bietet Platz für 30 Eltern mit Kind. Er ist als Pilotprojekt gedacht und soll zeigen, was funktioniert und was nicht. So soll sich zum Beispiel noch zeigen, ob Kleinkinder Flexibilität und Spontaneität ebenso schätzen wie ihre Eltern. Der Gedanke hinter fixen Bring- und Abholzeiten bei den normalen Krippen ist ja, dass Kleinkinder ein konstantes und berechenbares Umfeld schätzen. Andererseits bringt es dieses Modell mit sich, dass die Kinder viele Stunden von den Eltern getrennt sind.
Noch muss sich zeigen, ob auch die Finanzen aufgehen. Die Gründerinnen rechnen nicht damit, dass die Kosten viel kleiner sind als bei konventionellen Kitas. Sollte die Rechnung aufgehen, würde eine Win-win-Situation entstehen, die Schule machen könnte. Vorstellbar wären auch Projekte in kleinen Wohnsiedlungen mit vielen jungen Familien, die zusammen ein Betreuungsangebot aufbauen, wobei auch die Mütter je nach Möglichkeit die Betreuung der Kinder zeitweise übernehmen. Obwohl schon vor Jahren dazu angeregt, hat sich die Politik bislang wenig Mühe gegeben, auch in diesem Bereich private Modelle zu unterstützen, die über die klassische Kita hinausgehen. Und dies, obwohl in etlichen Schweizer Kantonen die Kommunen verpflichtet sind, ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot sicher zu stellen.
Direkt informieren: https://www.tadah.ch/de/