Die Idee der Eidgenössischen Kommission für Familienfragen (EKFF), insgesamt 38 Wochen Elternzeit zu fordern, ist mutig. Man bedenke, welchen Kampf es um die 14 Wochen Mutterschaftsurlaub gegeben hat. Und dass kürzlich im Kanton Zürich eine Volksinitiative für 36 Wochen «Elternurlaub» hoch abgelehnt wurde. Die Idee für 38 Wochen Elternzeit ist für die EKFF nicht neu, doch sie ist nochmals über die Bücher gegangen. Ihr Modell ist jetzt so gestaltet, dass auch die Väter einen wesentlichen Teil an Elternzeit beziehen sollen, nachdem nordeuropäische Staaten mit einer grosszügigen Elternzeit die Väter stärker in Pflicht genommen haben. Dort hatten Väter in der Regel nur die für sie reservierte Zeit in Anspruch genommen. Die frei aufteilbaren Wochen gingen zumeist auf das Konto der Frau. Damit wurde die Rollenteilung, Frau zu Hause, Vater im Büro, zementiert. beklagten Gleichstellungsbeauftragte. Entscheidend sei die konkrete Aufteilung der Elternzeit, betont jetzt EKFF-Geschäftsführerin Nadine Hoch. Die 38 Wochen sollen daher möglichst paritätisch aufgeteilt werden. Das sei «keine erzieherische Massnahme, sagt Hoch, sondern eine Hilfestellung für die Eltern, damit sie die bezahlte und unbezahlte Arbeit möglichst gleich aufteilen können», zitiert Doris Kleck in der AZ die Geschäftsführerin. 8 Wochen für die Mutter, 30 Wochen aufgeteilt Laut dem neuen Modell bleiben 8 Wochen der Mutter «aus biologischen Gründen» vorbehalten, was auch dem Arbeitsverbot nach der Geburt entspricht. Die restlichen 30 Wochen würden mit je 15 Wochen für die Mutter und 15 Wochen für den Vater aufgeteilt. Die Mutter könnte dem Vater maximal 7 von 15 Wochen abtreten, so dass ihr noch 16 Wochen blieben, während der Vater maximal 22 Wochen beziehen könnte. Die Mutter könnte also zwischen 16 und 23 Wochen beziehen, der Vater zwischen 15 und 22 Wochen. Dazwischen ist alles möglich. Falls der Vater sein 15-Wochen-Guthaben aber nicht ausschöpft, würde es verfallen. Die Familienkommission des Bundes will somit auch die Gleichberechtigung fördern. Dass sie nicht gleich ein egalitäres Modell mit 19 Wochen für beide Elternteile fordert, begründet Nadine Hoch mit der Biologie. Denn Mutterwerden sei nicht gleichbedeutend mit Vaterwerden. Das Modell soll den «biologischen Bedürfnissen von Schwangerschaft und Mutterschaft Rechnung tragen». Die Elternzeit müsste allerdings innerhalb von 18 Monaten bezogen werden, wobei die Eltern nur zwei Wochen gemeinsam beziehen dürfen. Finanziert würde die Elternzeit wie bislang der Mutterschaftsurlaub über die Erwerbsersatzordnung (EO) und damit über paritätische Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert. Die EKFF rechnet für ihr Elternzeitmodell mit maximalen Kosten von 2,7 Milliarden Franken. Die EO-Beiträge müssten von heute 0,5 auf 0,8 bis 0,9 Prozent erhöht werden. Arbeitgeberverband ist dagegen Die Familienkommission appelliert jetzt besonders an die Wirtschaft, zukunftsgerichtet zu denken und nicht nur an die kurzfristigen Interessen an mehr Müttern am Arbeitsplatz zu appellieren. Denn die Elternzeit würde laut EKFF die Erwerbstätigkeit der Mütter erhöhen und damit den Fachkräftemangel reduzieren. Der Arbeitgeberverband fordert jedoch generell eine Steigerung des Beschäftigungsgrades. Er fordert daher vor allem eine Verbesserung der Kinderbetreuungsangebote und flexiblere Arbeitsformen. Damit werde auch die Chancengleichheit von Frauen im Arbeitsmarkt gefördert und dem Fachkräftemangel entgegengewirkt. Der Bund solle sich mit 570 Millionen Franken jährlich engagieren. Doch der Bundesrat hat am 15. Februar diese Forderung bereits zurückgewiesen. Eine Elternzeit nach den Vorstellungen der EKFF dürfte noch einen langen politischen Prozess vor sich haben. Um auch bürgerliche Akteure zu überzeugen, soll nun eine Studie den volkswirtschaftlichen Nutzen einer Elternzeit aufzeigen. Dafür werden aktuell Geldgeber gesucht.
Die Position der SSF
Die Schweizerische Stiftung für die Familie setzt sich bereits seit vielen Jahren für eine Elternzeit ein. Der alleinige Ausbau des Betreuungsangebotes, ohne mehr Zeit der Eltern für ihr Neugeborenes, wird die Erwerbsquote von Eltern im besten Fall noch optimieren. Er wird jedoch zu Lasten der Kinder gehen und den notwendigen Bindungsaufbaus der Eltern zum Kind erschweren. Mittel- und langfristig wird der Vorschlag der EKFF die Erwerbsquote der Eltern sogar steigern, und der volkswirtschaftliche Nutzen wird sogar höher sein, als mit den aktuellen Regelungen. Zusätzlich wird der sich immer weiter zuspitzende Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel langfristig nur durch familienfreundliche Rahmenbedingungen in Politik und Wirtschaft behoben werden können.
