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Vater geworden, Job gekündigt – eine banale Mitteilung geht viral

Manuel Barbosa leitet den Bereich «Social Media» einer der grössten deutschen Zeitungen der «WELT». Deshalb war es nicht verwunderlich, dass er vor wenigen Tagen eine persönliche Nachricht auf dem Portal LinkedIn teilte: «Ich habe meinen Chef-Job gekündigt und kümmere mich ab morgen hauptberuflich um mein Kind». Innert drei Tagen schiesst sein Post durch die Decke, wird über 12´000 mal geliked. Die Reaktionen und Kommentare zeigen, warum diese Ankündigung scheinbar einen Nerv getroffen hat, über den wir in der ganzen Vereinbarkeits-Diskussion viel zu wenig sprechen.


Während die Gleichstellung vor allem auf mehr Erwerbstätigkeit für Mütter fokussiert ist, spricht kaum einer von den Vätern. Warum auch? Deren Rolle scheint doch sehr klar zu sein, erwerbstätig, zu hundert Prozent, Freizeit-Väter halt.

So nimmt es nicht wunder, dass eine Userin schreibt: «Mutig, ich bin allerdings dafür, dass die Frauen zu Hause bei ihren Kindern bleiben». Ein anderer von über 400 Kommentaren sagt: «Ich lese hier, dass eine Familie die Reissleine zieht, weil mit den aktuellen Faktoren sonst etwas/jemand auf der Strecke bleiben würde (sei es die Beziehung, die Mama, der Papa, die Bedürfnisse des Kindes ,...). Und DAS finde ich wichtig zu kommunizieren».


Es geht um Familie

Ja, genau, es geht um Familie! Vereinbarkeit ist eben nicht ein typisches Frauenthema, wie es die Medien und unsere Gesellschaft gerne darstellen. Wir müssen endlich davon wegkommen, die Männer und Väter aus der Diskussion so vollständig auszublenden. Als wären sie nicht existent. Es geht nicht um Vollzeitmama oder -Papa, sondern darum, dass Familie an sich Bedürfnisse hat und das nicht aus purem Spass oder verklärter «Familienromantik». Und vor allem geht es um die Bedürfnisse der Kinder, welche in der Diskussion um die Vereinbarkeit ebenfalls nur wenig Gehör finden. Denn wenn dem so wäre, dann würden vermutlich viel mehr Väter dem Beispiel von Manuel Barbosa folgen, denn richtig ist in jedem Fall: Kinder brauchen nicht nur eine Bindung zur Mutter, sondern auch zum Vater.


sichere Bindung an den Vater spart Kosten

Eine Studie aus England deckt diesbezüglich erstaunliches auf. Es geht um die Studie «The cost of love: financial consequences of insecure attachment in antisocial youth», die im «Journal of Child Psychology and Psychiatry» Ende 2019 erschienen ist und nach Angaben der Autoren das erste Mal die finanziellen Folgen von Bindungsunsicherheit in den Blick genommen hat. Es geht also um die Frage, ob ein unsicherer Bindungsaufbau im Säuglings- und Kleindkindalter finanzielle Folgen hat und wenn ja, wie diese ausfallen.

Beinahe zu erwarten war, dass die Kosten umso geringer ausfallen, je sicherer die Bindung zu Vater und Mutter war. Umgekehrt, so zeigt die Studie zu den Kosten sozial auffälliger Kinder, beliefen sich die Kosten bei einer unsicheren Mutterbindung auf 8´000 Euro pro Kind, bei einer unsicheren Vaterbindung allerdings auf 17´000 Euro pro Kind! Professor Christian Bachmann, einer der Leiter der Studie schlussfolgert, dass eine «engere Bindung an die Väter dazu führe, dass Kinder ihre Emotionen besser kontrollieren könnten und daher besser in ihrer «peer group» zurechtkämen». Zudem fordert er: «wir brauchen gute Bindungsangebote für junge Kinder – sowohl im familiären Rahmen als auch in der Fremdbetreuung».


Vereinbarkeit braucht sichere Bindung zu beiden Eltern

Um auf die Kündigung von Manuel Barbosa zurück zu kommen: Unabhängig wie der eine oder die andere dies bewerten mögen, ist er auf jeden Fall zu beglückwünschen, denn die Zeit mit dem eigenen Kind hat man bekanntlich nur einmal und dass es wichtig ist, dass Eltern sich ausreichend in diese investieren, wissen wir nicht erst seit gestern. Was uns aber ganz neu in der gesellschaftlichen Diskussion, bis hin zur politischen Gestaltung leiten sollte ist, dass Kinder Bindung zu Vätern und Müttern, also zu beiden Bezugspersonen benötigen, um sich sozial gesund entwickeln zu können.

Es geht bei der Vereinbarkeit also nicht nur um die Frage, wie man die Frauen mehr in die Erwerbstätigkeit bekommt, sondern auch um die Frage, wie man die Väter zurück in die Familie holt und – wie dabei ausreichend Bindung zu beiden Elternteilen aufgebaut werden kann. Unserer Gesellschaft sollte dies etwas wert sein, insofern sie sich inskünftig emotional stabile und ausgeglichene Steuerzahlende und solvente Konsumierende wünscht.



Quellenangabe:

https://www.linkedin.com/in/manuel-barbosa-45888b15a/recent-activity/

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/was-eltern-dem-kind-mitgeben-ohne-liebe-wird-es-teuer-16546233.html#:~:text=Es%20muss%20nicht%20immer%20alles,Besonders%20die%20V%C3%A4ter%20sind%20gefragt.

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